Donald Trump dürfte auch künftig überraschen

Carsten Mumm

Die Erwartungen an die künftige US-Präsidentschaft unter Donald Trump sind recht klar umrissen: Steuersenkungen und Deregulierung werden der Wirtschaft zunächst einen Anschub geben. Diese Perspektive wurde bei Aktien und Krypto-Assets schon in Form deutlicher Kurssteigerungen eingepreist.

Im nächsten Schritt – so die allgemeine Sicht – würde allerdings die Ausweitung der Handelskonflikte durch drastische Zollanhebungen zu einem stärkeren Inflationsdruck und damit weniger stark sinkenden bzw. perspektivisch wieder steigenden Zinsen führen. Die Begrenzung der Migration oder gar Massenabschiebungen von illegal in die USA eingereisten Menschen dürften aufgrund fehlender Arbeitskräfte und einer schwächeren Nachfrage nach Verbrauchsgütern das Wachstum ausbremsen. Zudem könnten als Auswirkung der Steuersenkungen die Staatsschulden stark ansteigen.

Diese Erwartungen sind zwar nachvollziehbar, aber nicht notwendigerweise realistisch. Denn bereits in seiner ersten Amtszeit hat sich Trump vor allem durch unerwartete Aktionen ausgezeichnet, mit denen auch künftig zu rechnen ist. Dabei bleibt seine oberste Maxime eine positive wirtschaftliche Entwicklung – was sich auch mit der Erwartungshaltung der ihn unterstützenden Größen aus der Wirtschaft deckt. Wenn sich aber die Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft durch die Auswirkungen eines Handelskonflikts, höhere Zinsen und einen verbreiteten Arbeitskräftemangel abschwächt, helfen den Getreuen Trumps auch einzelne Staatsaufträge für begünstigte Unternehmen kaum.

Nicht unwahrscheinlich ist daher, dass dieser Teil der Ankündigungen Trumps nicht voll zur Umsetzung kommt. Es könnte darauf hinauslaufen, dass mit Zöllen vor allem gedroht wird, um in bilateralen Verhandlungen mit einzelnen Staaten „Deals“ zum Vorteil der US-Wirtschaft zu erreichen. Denkbar sind auch positive Effekte neuer politischer Akzente, bspw. im Zuge der angekündigten Überprüfung und Adjustierung staatlicher Ausgaben durch die neu einzuführende „Effizienzbehörde“ unter Mitwirkung von Elon Musk. Oder auch der verstärkte Export von Rohstoffen sowie unerwartete Positionierungen im geopolitischen und internationalen Kontext. Ein Ende des Ukrainekonflikts etwa wäre unter Umständen auch für die europäische Wirtschaft positiv. Man kann die Auswirkungen der kommenden US-Präsidentschaft also im Vorwege nicht exakt abstecken. Klar ist jedoch, dass Europa eigenständiger werden und kritische Abhängigkeiten auch gegenüber den USA reduzieren muss.

Newsletter vom 20. November 2024

Carsten Mumm – Chefvolkswirt und
Leiter der Kapitalmarktanalyse
Privatbank Donner & Reuschel

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